Verbindlichkeit schafft Vertrauen

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Wie Du mit Verbindlichkeit eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit förderst

Clarissa arbeitet nun seit einem Jahr – und zum ersten Mal – als Projektkoordinatorin in dem Projekt. Die Projektarbeit macht ihr Spaß, ihre Kolleg*innen sind sympathisch, nur mit ihrem Projektleiter, der auch ihr direkter Vorgesetzter ist, findet sie so recht keine „Basis“. Wenn Sie gefragt wird, beschreibt sie das Arbeitsverhältnis mit ihm als „nett, locker und ungezwungen“. Das ist es ja auch: Die meiste Zeit ist jede*r in seiner (Aufgaben-)Welt unterwegs. Manchmal kommt es zu einem oberflächlichen, freundlichen Small-Talk. Versäumnisse werden flüchtig gerechtfertigt und entschuldigt (gut ist!) und auch sonst vermeidet man Reibungspunkte miteinander. Man mag sich einfach gut miteinander fühlen – only good Vibes, please. So kommt es Clarissa jedenfalls manchmal vor.


„Only good vibes, please.“
Mit Nettigkeit alleine ist es nicht getan.

Die Ansprüche ihres Vorgesetzten an die Zusammenarbeit und speziell an ihre Arbeit kann sie aufgrund mancher Aussagen von ihm nur vermuten. Und er hat bisher auch noch kein Interesse bekundet, ihre Ansprüche an die gemeinsame Zusammenarbeit zu erfahren. Auf jeden Fall spricht er sich regelmäßig für Selbstorganisation und eine flache Hierarchie im Team aus. Das ist ihm wichtig. Es wirkt so, als wäre er im Grunde zufrieden mit ihrer Arbeit – bis zu den Botschaften zwischen den Zeilen im nächsten Meeting. Die daraufhin aufkommenden Fragen beschäftigen Sie dann in den nächsten Tagen: 

„War das doch ihre Aufgabe gewesen?“
„Weshalb stellt er jetzt plötzlich diese Anforderung an Sie?“
„Was ist denn nun Sache?“

Sie sucht nicht aktiv die Klärung mit ihm, denn vorherige Klärungsversuche sind meist „im Sande verlaufen“.

Wenn Sie ihren Freunden darüber erzählt, hört sie meist Aussagen wie „Klingt voll entspannt bei euch“, „Cooler, lockerer Chef“ oder „Toll, Du hast echt viel Freiraum“. Fühlt sie in sich hinein, empfindet Sie das Arbeitsverhältnis alles andere als „entspannt“: Die lockere, unverbindliche Art ihres Vorgesetzten verärgert und verunsichert sie tatsächlich und der „Freiraum“ mutet für sie eher nach einem „luftleeren Raum“ an. An manchen Tagen fühlt sie sich einfach „lost“. Sie traut ihrem Vorgesetzten nicht mehr, zu oft blieben Themen irgendwie ungeklärt oder mit „Beigeschmack“. Denn neben all der Nettigkeit und Selbstorganisation fehlt ihr die Verbindlichkeit von ihrem Vorgesetzten.

Sieh´ mir bitte nach, dass ich ein beobachtetes Beispiel gewählt habe, welches ganz klassisch ein Vorgesetzten-Mitarbeitenden-Verhältnis beschreibt. Da wir immer öfter in selbst organisierten Teams arbeiten, ist dieser Impuls natürlich für alle Projektmitarbeitenden – und nicht nur für die Leitungsebene – hilfreich. Generell sollte doch jede*r daran arbeiten, ein vertrauensvolles Miteinander im Team zu fördern.

Verbindlichkeit als echter Vertrauensbooster.

Du weißt, dass Vertrauensaufbau harte Arbeit ist und Vertrauenswürdigkeit mehrmals unter Beweis gestellt werden muss. Wahrscheinlich auch, dass es mit Freundlichkeit, einem zugänglichen Auftreten und dem Zuspruch von Freiheiten – à la „Schau‘, ich vertraue Dir“ – nicht getan ist. Als Führungskraft wie auch als Kolleg*in wirst Du vielen Vertrauensprüfungen unterzogen. Es gibt Menschen, die betont gerne einen „Vertrauensvorschuss“ geben, doch auch dieser ist sofort dahin, wenn Du die damit verbundene Prüfung nicht bestanden hast. Also insofern ist auch das eine Prüfung, wenn auch angekündigt. Fakt ist: Vertrauenswürdigkeit muss vor allem dann bewiesen werden, wenn Vertrauen benötigt (getestet) wird, damit sich dieses festigen kann, weshalb sich Führungskräfte wie Teamkolleg*innen in Verbindlichkeit als einer der wichtigsten Treiber für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit üben sollten. Jede*r (…doch vor allem die Führungskraft…) muss aktiv daran arbeiten, eine Verbindung mit Mitarbeitenden aufzubauen und zu halten, um eine gesunde, motivierte Arbeitsatmosphäre herzustellen.

Untenstehend habe ich einmal typische Situationen zusammengefasst, in denen Du deinen Kolleg*innen oder Mitarbeitenden gegenüber verbindlich auftreten und deine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis stellen kannst.

So klappt Verbindlichkeit.

Eigne Dir eine Portion „Servant Leader“-Mentalität an.

Ein Servant Leader sieht seine Führungsfunktion auch als Dienstleistung für seine Mitarbeitenden an. Natürlich richten die meisten Unternehmen ihr Dienstleistungsspektrum erst einmal nach den Kund*innenwünschen aus, getreu dem Motto „Kund*in ist König*in“. Doch ohne die richtige WoMenpower deiner Mitarbeitenden im Hintergrund gestaltet sich das recht schwierig. Dienende Führung beginnt die Pflege bzw. Vorsorge wie eine Gärtnerin an der Wurzel – den Mitarbeitenden -, um die Gesundheit und das Wachstum der Pflanze „Organisation“ zu kräftigen und zu potenzieren.

Wenn Du Anforderungen stellst oder Entscheidungen mitteilst, liefere auch ein schlüssiges Argument für diese und sorge für Allgemeinverständlichkeit.

Es kommt regelmäßig vor, dass von Führungskräften Anforderung gestellt, Aufgaben verteilt oder Entscheidung verkündet werden, ohne ein allgemeinverständliches Argument mitzuliefern oder konkrete Gründe zu benennen. Man kann die anschließend aufpoppenden Fragezeichen über den Köpfen der Mitarbeitenden nicht übersehen. Die wahrscheinlichste Reaktion der Mitarbeitenden darauf: erst einmal Abwehrhaltung. Gefolgt von Zweifeln an deiner Führungskompetenz…und einem komischen zwischenmenschlichen Gefühl.

Keine Absage ohne Angabe / Nachlieferung eines alternativen Termins.

Biete Ersatztermine im Zuge einer Absage einer Besprechung oder Vertagung einer Entscheidung bzw. Antwort an. Es gibt (für Kolleg*innen wie für Mitarbeitende) nichts schlimmeres, als „in der Luft zu hängen“ oder das Gefühl zu haben „nicht wahrgenommen zu werden“. Das schafft Unmut und kann auf Dauer in Resignation übergehen – zu Lasten der Arbeitsergebnisse und der Arbeitsatmosphäre. Wenn Du ad hoc keinen alternativen Termin anbieten kannst, teile dies mit und melde Dich zu gegebener Zeit proaktiv zurück.

Halte (pünktlich Termin-)Absprachen ein.

Kolleg*innen und Mitarbeitende bereiten sich auf Termine vor und die Bearbeitung anderer drängender Aufgaben wird dafür aufgeschoben. Nebst diesem Stress rufen Termine (bzw. deren Agenda) Anspannung, Erwartungen und manchmal Befürchtungen hervor. Fällt der Termin nun spontan aus (und das ohne triftige Begründung) oder Du kommst zu spät zum Termin, verärgert das deine Meetingpartner*innen in den meisten Fällen und wirft bei diesen die Frage auf, wie ernst Du diesen Termin und damit auch sie als Kolleg*in/Mitarbeitende überhaupt nimmst. Deshalb: Sollte es zu einer Absage oder einer Verzögerung deinerseits kommen, so kommuniziere dies zeitnah. Und: Unpünktlich ist auch, wer zu früh zum Meeting etc. erscheint. Für gewöhnlich sind die Minuten vor Terminbeginn sehr wichtig für die mentale Einstimmung und Vorbereitung deiner Meetingpartner*innen.

Vermeide Ausflüchte.

Ausflüchte, gepaart mit einer unsicheren, zögernden Ausstrahlung (zögernd, nicht überlegend!) sind vor allem bei einer Führungskraft ganz unglücklich. Diese bildet nämlich den „sicheren und stabilen Hafen“ für das Team. Es ist in Ordnung, nicht alles zu wissen oder direkt darauf reagieren zu können, doch dann stehe bitte dazu. Wenn Du also ad hoc keine Antwort parat oder gerade keine Zeit für eine Antwort hast, nenne das Kind beim Namen und sehe Dich verbindlich in der „moralischen Bringschuld“ (auch hier: bitte Termin nennen).

Ehrensache: Wenn Du etwas versprichst, dann bitte konkret, realisierbar und zeitnah umsetzbar.

Man kann Kolleg*nnen und Mitarbeitende schnell und tiefgreifend verärgern, indem man (regelmäßig) grandiose Visionen und Perspektiven teilt, die man nicht angeht oder unbedacht Versprechungen oder Vertröstungen ausspricht, die man nicht hält, nur um ein Gespräch möglicherweise schnell abzuwiegeln oder sich aus einer unangenehmen Situation herauszuziehen. Ganz fatal, denn relativ schnell wirst Du nicht mehr ernst genommen. Versprechen sollten also mit Bedacht formuliert und eingehalten werden.

Adressiere Aufgaben unmissverständlich an verantwortliche Mitarbeitende.

Bei einem „WIR müssen das noch machen…“ oder „Das muss bitte noch erledigt werden“ fühlt sich häufig niemand zuständig oder alle denken, ein*e andere*r macht´s. Das Ergebnis: Die Aufgaben werden nicht erledigt und wenn es um die Ermittlung des Versäumnisses geht, zettelst Du im schlimmsten Fall noch Unstimmigkeiten unter deinen Kolleg*innen oder Mitarbeitenden an. Ebenso verhält es sich mit Deadlines: Die solltest Du bei Zuweisung einer Aufgabe nennen, denn auch ein späteres „Ach, das haben Sie noch gar nicht angefangen?“ auf die Frage nach dem Bearbeitungsstatus kann bei Mitarbeitenden Verärgerung und Scham auslösen. Delegiere Aufgaben deshalb so konkret wie möglich an Mitarbeitende und rückversichere Dich, dass ihr beide das gleiche Verständnis über den Inhalt der Aufgabe teilt.

Fasse aktiv nach.

Ein Beispiel hierzu: Das Jahresgespräch ist abgehalten, es wurden Vereinbarungen getroffen und möglicherweise gingen daraus Aufgaben für beide Parteien hervor. Wunderbar! Wo hast Du dadurch Bring- oder Holschuld? Zeige, dass das Jahresgespräch für Dich nicht bloß ein abzuhakendes To Do ist und Dir die getroffenen Vereinbarungen wichtig sind und fasse deshalb zu einem passenden Zeitpunkt proaktiv nach. Die peinliche Schweigeminute beim nächsten Jahresgespräch, wenn der vorherige Bericht durchgesprochen und die damaligen Vereinbarungen gesichtet werden, bleibt Dir so sicher erspart. Natürlich gilt das auch für Abstimmungen, die aus einem anderen Kontext der Zusammenarbeit (Meeting, Einzelgespräch etc.) hervorgehen.

Und was hat ein Gänseblümchen damit zu tun?

Auch das sollten wir zum Abschluss noch klären: Das Gänseblümchen steht in der Symbolik der Blumen und Pflanzen für Vertrauen, Beständigkeit und Ausdauer. Nice, oder?:)