
Denk- & Verhaltensmuster
Abhängigkeit – So gestalten wir sie gesund & konstruktiv
Unsere Gesellschaft ist mehr denn je mit herausfordernden Themen und Situationen belastet:
Wohin ich auch gehe, spüre ich die zunehmende Angst und Aggression in unserer Gesellschaft sehr deutlich. Zusätzlich breiten sich Erschöpfung und Überforderung aus. Diesen Gefühlen möchte – muss – jeder Luft machen, um nicht daran zu „ersticken“. Doch leider geschieht das oft zulasten unserer Beziehungen und unseres Miteinanders – und verschärft damit die Gesamtsituation. Das ist paradox, denn gerade jetzt sind Beziehungen wichtiger denn je: Die Zeit ist vorbei, in der wir unseren eigenen Ballast noch allein tragen konnten. Wir können das alles nicht mehr im Alleingang stemmen.
“Wir leben in einer Zeit, in der wir mehr denn je gefordert sind, gesunde Abhängigkeit als Teil unseres gesellschaftlichen Miteinanders zu verstehen und zu lernen.”
Wir denken und leben Abhängigkeit falsch
Erfahrungsgemäß setzen einige Menschen Abhängigkeit vor allem mit Freiheits- und Kontrollverlust gleich – Abhängigkeit ist häufig negativ konnotiert. Denn wir – insbesondere wir Frauen – haben gelernt:
Selbstständig sollen wir sein, um möglichst in jeder Situation handlungsfähig zu bleiben. Und so streben wir nach Autonomie.
Gleichzeitig begeben sich Menschen aus einem Bedürfnis nach Sicherheit und aus Angst vor Eigenverantwortung in Abhängigkeit – was zu Selbstaufgabe oder persönlicher Stagnation führen kann. Abhängigkeit dient dann nicht mehr der gegenseitigen Unterstützung, der sinnvollen Arbeitsteilung oder dem persönlichen Wachstum und verliert damit ihren konstruktiven Charakter.
Die Angst vor Eigenverantwortung
Wer im Leben früh und prägend Hilflosigkeit erfahren hat, neigt in späteren Beziehungen dazu, Verantwortung zu delegieren: Die eigenen Fähigkeiten werden häufig verzerrt oder unterschätzt, sodass Aufgaben eher abgegeben werden – nicht, weil die Person dazu nicht in der Lage wäre, sondern weil sie sich selbst nichts zutraut.
Die tief verankerte Angst, Verantwortung zu übernehmen und dabei möglicherweise zu scheitern oder Schaden anzurichten, ist übermächtig. So entsteht eine Form von Abhängigkeit, die aus Angst und einem unrealistischen Selbstbild gespeist wird – und für beide Partner in der Beziehung zur Belastung werden kann.
Die Angst vor Abhängigkeit
Vor allem von Frauen der Generationen X und Y höre ich immer wieder den Satz: „Ich darf mich (von meinem Partner bzw. Mann) nicht abhängig machen.“
Diese Haltung entspringt häufig einer Erziehung, in der der Aufbau und Erhalt eines eigenständigen Lebens stark betont wurde – sie spiegelt die Prägung durch Emanzipation und Gleichberechtigung der elterlichen Generation der Baby Boomer wider. Abhängigkeit wird in diesem Kontext als Schwäche oder Nachteil verstanden und daher möglichst vermieden. Doch gerade dadurch können in Beziehungen gemeinsame Potenziale nicht voll entfaltet werden.
Verantwortung ist der Schlüssel
Abhängigkeit gehört zum Leben dazu, denn wir tragen ein natürliches Bedürfnis nach Anschluss und Verbindung in uns. In beruflichen Beziehungen, die auf Arbeitsteilung im Sinne von Effizienz und Spezialisierung basieren, gelingt uns der Umgang mit Abhängigkeit meist besser als in unseren Liebesbeziehungen – etwa in Familie, Partnerschaft oder Freundschaften. Letztere sind geprägt von zwischenmenschlicher Abhängigkeit, die unsere Bedürfnisse, Gefühle und unsere Selbstwahrnehmung besonders stark nährt und beeinflusst. Eine konstruktive Form von Abhängigkeit setzt einen reflektierten Umgang mit Verantwortung voraus. Doch wie erwähnt, neigen wir dazu, Verantwortung entweder zu häufig oder zu selten abzugeben.
Zentrale Fragen der Abhängigkeit sind deshalb:
In welchem Lebensbereich, bei welcher Aufgabe oder in welcher Beziehung möchte ich Verantwortung abgeben – und wo möchte ich sie selbst übernehmen?
Wo kann und will ich Verantwortung für andere tragen?
Verantwortung ist der Schlüssel
Abhängigkeit besitzt eine Reihe positiver Eigenschaften, wie beispielsweise:
So gelingt “gesunde” Abhängigkeit
Für eine „gesunde“ Abhängigkeit braucht es Selbstreflexion, emotionale Intelligenz und eine achtsame, zwischenmenschliche Kommunikation. So dürfen wir u.a. lernen…
Quellen
¹www.swp-berlin.org/publikation/neue-kriege#:~:text=Laut%20dem%20Uppsala%20Conflict%20Data,seit%20Oktober%202023%20im%20Gazastreifen. (abgerufen am 01.09.2025)
²www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Arbeitsmarkt/arb210a.html (abgerufen am 01.09.2025)