Verständnis – ein “Meta-Bedürfnis”

Ich begleite gerade wieder ein Team dabei, den Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) in ihre Zusammenarbeit einzubinden. Wer mit der GFK vertraut ist, weiß, dass dieser Ansatz besonders die Selbstreflexion und Selbsterkenntnis sowie das Verständnis für andere Menschen fördert.

Wir arbeiten in unseren Trainings mit echten Beispielen aus dem Berufsalltag des Teams. Das bedeutet: Es kommen konkrete Konflikte „auf den Tisch“, also Situationen, in denen unterschiedliche Bedürfnisse der Beteiligten aufeinandertreffen. Denn gerade in diesen Situationen zeigt sich, wie gefestigt die GFK-Haltung und -Kenntnisse sind. In der Theorie – wenn der präfrontale Cortex arbeitet – ist meist vieles klar, doch in der Praxis – wenn „Limbi“ übernimmt – wird es dann echt knifflig.

Eine Aussage, die in Konfliktgesprächen dann nicht lange auf sich warten lässt, lautet: “Du verstest mich nicht.” oder „Ich wünsche mir mehr Verständnis von dir.“ Das Gegenüber ist womöglich irritiert, denn schließlich wollte es eben genau dies auch mitteilen.

Und nun, was tun?

Diese Situation begegnet uns im beruflichen wie auch im privaten Alltag immer wieder. Wer aber nun denkt, sich mit einem schlichten „Doch, das tue ich!“ elegant aus der Affäre ziehen zu können, wird schnell eines Besseren belehrt. Das Gegenüber wird sich in der Regel mit dieser 08/15-Aussage nicht zufriedengeben, denn ihr mangelt es an echter Glaubwürdigkeit. Wenn ein Mensch sich in seinen situativen Bedürfnissen nicht verstanden fühlt, dann reicht eine bloße Behauptung von Verständnis nicht aus. Dieses wird nur vermittelt, wenn im ersten Schritt die tatsächlichen Bedürfnisse, worauf der Konflikt fußt, vom Gegenüber erkannt und benannt worden sind.

Ja, was soll denn überhaupt verstanden werden?!

Das ist die Schlüsselfrage. Denn sie richtet den Blick auf die tieferliegenden Ebenen einer Kommunikation, in der es nicht um Zustimmung, sondern um echtes Begreifen geht. Deshalb ist das Bedürfnis nach Verständnis für mich ein „Meta-Bedürfnis“: Neben dem Bedürfnis nach „Wahrnehmung“ zählt „Verständnis“ zu den am häufigsten genannten unerfüllten Bedürfnissen in Konflikten. Konflikte eskalieren oft dann, wenn situative Bedürfnisse nicht gegenseitig erkannt und verstanden werden. Und da wir – insbesondere ohne Übung – dazu neigen, die eigenen wie auch fremde Bedürfnisse nicht ausreichend wahrzunehmen, ist ein Mangel an Verständnis die logische Folge.

Fragen wir, für was sich unser Gegenüber mehr Verständnis von uns wünscht, so können als Antwort beispielsweise “Für meine Situation / für meine Entscheidung / für meine Meinung / für meine Gefühle…” folgen und dies gibt wiederum Aufschluss über die dahinterliegenden, tatsächlichen Bedürfnisse wie beispielsweise Rücksichtnahme, Akzeptanz, Interesse oder Empathie.

So kriegt man in Konflikten die Kurve

Schaukeln sich die Gefühle hoch, wird es umso wichtiger, sich auf die tatsächlichen Bedürfnisse zu besinnen, diese klarer zu kommunizieren und damit den Raum für gegenseitiges Verstehen – und für eine gemeinsame Lösungsfindung -zu öffnen. Wir alle wünschen uns, dass unsere Bedürfnisse und Werte verstanden werden. Doch im Sinne der Eigenverantwortung als Teil der GFK-Haltung bedeutet das auch: Wer verstanden werden will, sollte zunächst selbst Klarheit über die eigenen Bedürfnisse und Werte gewinnen. So können wir diese auch klar und verständlich ausdrücken. Denn wie können wir erwarten, dass andere uns verstehen, wenn wir selbst nicht genau wissen, was wir eigentlich brauchen?

Wir sind hier also fleißig am Üben – sind Sie es auch schon?

Möchten Sie die Gewaltfreie Kommunikation als Ansatz in ihrer Zusammenarbeit einbinden?

Dann schreiben Sie mir gerne oder rufen Sie mich an.

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